Am Freitag (29.04.2017) sind wir frohen Mutes um 06:00 Uhr nach einem raschen Frühstück in unserer erste „Rotation“ gestartet. Das soll heißen, dass wir zum ersten Mal mit voll gepackten Rucksäcken (ca. 20 Kg pro Person) durch den berühmt-berüchtigten Khumbu-Eisfall zum Lager 1 aufgestiegen sind.
Nun, um das gleich vorweg zu nehmen: wir waren beide sehr positiv überascht in Bezug auf die Schwierigkeit im Khumbu Eisfall – erheblich leichter als befürchtet – wir hatten beide ein subjektiv sicheres Gefühl im Eisbruch, auch dank der guten Routenführung, welche die „Icefall-Doctors“, die die Route Jahr für Jahr anlegen, gewählt haben.
Jahr für Jahr ist etwas untertrieben: wir steigen hier durch einen Eisbruch, der sich auf Grund seiner Bewegung täglich verändert und somit ist die Truppe der „Eisfall-Doctors“ auch tag-täglich unterwegs um Leitern, Fixseile usw. entsprechend zu verlegen, neu zu spannen usw… ein interessanter wenn auch waghalsiger Job, Tag ein Tag aus in der objektiv gefährlichsten Passage entlang der Südroute unterwegs zu sein.
Mir selbst – auch Markus – hat die Route durch haushohe Gletscherspalten, über Leitern und Spalten, deren Tiefe man nicht
sehen, höchsten erahnen kann, sehr gut gefallen. Ein Erlebnis das man nicht jeden Tag „genießen“ kann. Sehr schön und erlebnisreich, für mich selbst aber auch extrem anstrengend! Mit 20 kg am Rücken habe ich knapp 6 Stunden bis ins erste Hochlager auf ca. 6100 Metern benötigt! Also nicht gerade im Eiltempo, was allerdings auf Grund der bisher fehlenden Höhenakklimatisierung auf die Höhe von 6000 Meter, nicht ganz verwunderlich ist.
Nach ca. 5,5 Stunden habe ich das Lager 1 erreicht, bzw. den untersten Bereich von C1. Das Lager selbst zieht sich, oberhalb des Khumbu Eisbruches – über mehrere Stufen. Markus, der wesentlich schneller als ich unterwegs war, hatte das Zelt im obersten Bereich des Lagers schon aufgebaut, nach einem kurzen Funkspruch konnte ich es dann auch schnell lokalisieren und erreichen. Nun fängt für uns das Hochlagerleben an: Zelt aufbauen, einrichten, auf minimalem Platz die gesamte, nicht geringe, Ausrüstung verstauen, Schnee holen, Schnee schmelzen, Tee trinken, Kochen… alles lebenswichtige Aktivitäten, die in dieser Umgebung einiges an Energie und sehr viel Motivation benötigen. Mehr dazu in den kommenden Berichten…
30.04.2017 Aufstieg zum C2
Nach einer ersten, für mich sehr schlechten weil unruhigen Nacht – auch Markus habe ich wohl zeitweise vom Schlafen abgehalten… ging es weiter in das nur wenige Kilometer entfernte Lager 2, am Ende des sogenannten Western CWM, des langen Korridors, der sich zwischen Westschulter des Everest, Everest selbst, Lhotse und Nuptse befindet.
Diese Etappe ist einfach und kurz, für mich mit dem nach wie vor schwerem Rucksack nur knapp 3 Stunden, und führt durch und über sehr großen Gletscherspaltenzonen. Waren im Khumbu Eisbruch die Leitern eher klein, so hatten wir hier sehr lange, teils bis zu 10 Meter lange, waagrechte Leitern zu queren. Da man hier auf die einzelnen Sprossen schauen muss, muss man natürlich auch in den Abgrund darunter blicken, der teils 50 Meter oder noch tiefer ist… nichts für Schwindelanfällige.
Das Lager 2 ist riesig! Eigentlich ein vorgeschobenes Basislager, mit großen Fixzelten, Kochmannschaften und heuer wohl ein paar hundert Zelten insgesamt. (Leider auch sehr schmutzig, aber das ist eine andere Geschichte…). Auch hier haben wir wiederum am oberen Ende des C2 bei knapp 6500 Meter unser Zelt aufgebaut, etwas abseits der anderen, großen Gruppen.
Hier haben wir nun 2 Nächte verbracht. Gestern (30.04.2017) haben wir einen ganzen Rast- bzw. Akklimatisierungstag auf dieser Höhe verbracht, also einen ganzen Tag Lagerleben auf 6500 Meter. Diesen Tag haben wir verbracht mit viel Liegen, weil es sonst ja nicht viel zu tun gibt, Wasserkochen, usw…
Leider ist an diesem Tag, nur relativ wenige Meter von uns entfernt, der bekannte schweizer Alpinist Ueli Steck in den Tod gestürzt. Ich habe den Hubschraueber, der anscheinend seinen Körper geborgen hat, am Vormittag beobachtet… Aber wir selbst haben von vom Unglück am Sonntag vor Ort so gut wie nichts mitbekommen und erst heute während dem Abstieg genaueres erfahren. Die genauen Umstände, das Warum und das Weshalb können wir selbst nicht verstehen oder erklären. Was bleibt ist eine große Leere, schwer in Worte zu fassen…
Seinen Angehörigen jedenfalls mein bzw. unser tiefstes Beileid.
Heute (01.05.2017), am Tag der Arbeit, wollten wir ein Stück durch die steile Lhotse Flanke bis in Richtung Lager 3 aufsteigen. Nach einem sehr zeitigen Start so gegen 07:00 Uhr – für uns sehr zeitig auf Grund der großen Kälte – haben wir zudem auf Grund des starken Windes und der sehr tiefen Temperaturen rasch abgebrochen! Es war extrem kalt und wir haben noch nicht die entsprechend notwendige Ausrüstung mit dabei. Zusätzlich konnten wir seit dem Sonnenaufgang eine nahende Warmfront beobachten, die uns dann auch erreicht hat.
Zwischenzeitlich waren wir allerdings schon wieder bei unserem Zelt in C2 und hatten beschlossen, unseren ersten Höhenausflug zu beenden und wieder in das mittlerweile heimelige Basislager abzusteigen. So sind wir heute innerhalb von ca. 3 Stunden von C2 über C1 und durch den Khumbu Eisbruch abgestiegen, teils im dichten Schneetreiben und kamen pünktlich zu einem sehr guten Mittagessen, das unser Koch Wongdi Sherpa für uns zubereitet hat. Nach 4 Tagen und 3 (für mich sehr
schlechten) Nächten, müde und abgekämpft kamen wieder im Basislager an.
Nun heißt es für uns ein paar Tage rasten, Kräfte sammeln, warten bis das Wetter sich wieder bessert, und erst dann wird an eine zweite Rotation zu denken sein…